Die Stadt Louisville aus dem US-Bundesstaat Kentucky verfolgt eine offene Datenpolitik, die dafür sorgt, dass unter anderem auch Unternehmen interne Daten für die Allgemeinheit veröffentlichen müssen. So geschehen nun auch mit Daten der beiden Scooter-Anbieter Bird und Lime, die von Oversharing ausführlich untersucht worden sind und einige sehr interessante Einblicke liefern.
Dabei stammen die Daten aus dem Zeitraum August bis Dezember 2018 (Daten von Lime erst ab November 2018) und enthalten unter anderem auch eine eindeutige ID pro Scooter, die als Grundlage für die nachfolgenden belegbaren Zahlen dient.
- Die durchschnittliche Lebensdauer eines Rollers in Louisville von August bis Dezember 2018 betrug lediglich 28 Tage.
- Während dieser 28 Tage wurden im Schnitt 70 Fahrten über insgesamt 85 Meilen (ca. 137 Kilometer) getätigt.
Eine weitere Auswertung mit einem leicht anderen Zeitrahmen kommt zudem auf ähnliche Werte und liefert noch weitere Daten, die besagen, dass die durchschnittliche Fahrtzeit bei 18 Minuten liegt und dabei jeweils eine Strecke von 1,63 Meilen (2,62 Kilometer) zurückgelegt wird bei insgesamt 3,49 Buchungen am Tag.
Umsatz und Kosten pro Scooter
Kombiniert man nun diese Daten und ermittelt die Umsätze (Bird und Lime verlangen jeweils 1,- USD für die Buchung und dann 0,15 USD pro Minute) ergeben sich pro Tag und Scooter folgende Zahlen:
(1,- USD Buchung + 18 Minuten Fahrtzeit x 0,15 USD) x 3,49 Buchungen = 12,91 USD Umsatz/Tag pro Scooter
Ein weiterer Bericht aus dem Oktober 2018 zeigt zudem die kalkulatorischen Kosten auf, die dem Anbieter Bird pro Buchung entstehen.
So belaufen sich diese auf Aufwendungen für das Aufladen (1,72 USD), Reparaturkosten (0,51 USD), Zahlungsgebühren (0,41 USD), Kundensupport (0,06 USD) und Versicherungen (0,05 USD) und ergeben in Summe 2,75 USD pro Fahrt bzw. 9,60 USD Kosten pro Tag und Scooter bei den oben genannten 3,49 täglichen Buchungen.
Unterm Strich bleiben dem Anbieter also pro Scooter magere 3,31 USD pro Tag, wobei hier noch nicht mal Allgemeinkosten abgezogen worden sind, die die Stadt Louisville erhebt (Dockless Vehicle Policy).
Über die gesamte Lebenszeit von 28 Tagen des Scooters ergeben sich also Erlöse von 92,68 USD.
Im oben genannten Bericht wird ferner angegeben, dass Bird 551,- USD Anschaffungskosten pro Scooter hat, wobei diese zukünftig auf 360,- USD gesenkt werden sollen.
Sollte dieses Ziel erreicht werden, ergibt sich so noch immer ein immenser Verlust von knapp 270,- USD pro Scooter.
Im Zeitraum der Datenerhebung verwendet Bird als Roller ein Modell von Xiaomi, das für die Verwendung eines einzelnen Benutzers mit einer Gewichtsbeschränkung von 200 Pfund (90,7 Kilogramm) ausgelegt ist und ferner eher für trockenes Wetter und ebenes Gelände entworfen wurde.
Bedankt man nun, dass der durchschnittliche Amerikaner 197,9 Pfund (Mann) bzw. 170,6 Pfund (Frau) auf die Waage bringt, wundert es kaum, zumindest bei männlichen Fahrern, dass im Schnitt immer an oder über dieser Belastungsgrenze gefahren wird, da auch Kleidung, ein Rucksack etc. hinzukommen.
Nichtsdestotrotz wundert mich die kurze Lebensdauer der Scooter sehr und auch die Anzahl der täglichen Buchungen ist gefühlt eher gering, wobei im Betrachtungszeitraum 663 Scooter in Louisville für knapp 616.000 Einwohner (Stand 2016) im Umlauf waren.
Große Herausforderungen für Scooter-Anbieter
Bird und Lime, aber auch neue Anbieter aus Deutschland und Europa, stehen also vor einigen Herausforderungen, wenn das Geschäftsmodell nachhaltig erfolgreich gestaltet werden soll.
So muss zwingend die Haltbarkeit der Scooter drastisch verbessert werden und auch die Auslastung muss optimiert werden, um nicht zu viele Leerzeiten, die kein Geld verdienen, zu haben.
Gerade in Bezug auf den Start in Deutschland erwarte ich allerdings eher, dass es zu viele Scooter geben wird, da die jeweiligen Anbieter sich schnell entsprechende Marktanteile sichern wollen. Und da muss dann in den Zielmärkten auch eine permanente Verfügbarkeit garantiert sein, weshalb vermutlich auch die bisherigen Finanzierungen so ungewöhnlich hoch ausfallen.
Sollte sich der Markt dann irgendwann konsolidieren, ist sicherlich auch denkbar, dass die Preise für Endkunden erhöht werden. Dann sehen die zuvor angestellten Berechnungen natürlich schon wieder ganz anders aus.
Es bleibt also spannend.
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